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Die Rettung der Farbe

Die Rettung der Farbe

Im Wachauer Landl – dort wo die Donau vorbei an duftenden Marillenblüten und einzigartigen Weinbergen fließt – kennt man ihn. Den typischen Kalmuck-Janker. Er tanzt auf Blasmusikfesten mit feschen Mädls im Dirndl, er spaziert durch die Weingärten in denen außergewöhnliche Weine mit starkem Charakter wachsen. Er könnte Hubert heißen. Nennen wir ihn Hubert.

Auch ich kannte Hubert, schon als Kind hatte sie die Geschichten von meinem Großvater gehört: „Kalmuck kommt von den Kalmücken, von einem wilden Reitervolk in der Westmongolei, die den Stoff für Satteldecken verwendet haben.“

Die Geschichten sind so alt, dass niemand mehr weiß, wer sie erfunden hat.

Ich mochte Hubert, den Naturstoff aus 100% Baumwolle, der so robust und gleichzeitig so kuschelig und warm ist. Schade eigentlich, dass es ihn nur als traditionellen Janker gibt, diesen Kalmuck, dachte ich mir und beschloss kurzerhand einen Kimono aus dem traditionellen Stoff zu schneidern.

Den Stoff für meinen Kimono kaufte ich in einem Familienkaufhaus in Spitz bei Waltraud Gurtner. Sie war in der ganzen Wachau damals die einzige, die Hubert noch als Meterware hatte. Dort fiel mir etwas in die Hände: Eine Musterkarte, auf der roter Kalmuck zu sehen war.

Rot. Toll eigentlich. Da machte ich mich auf die Suche. Ich wusste schon von den zwei Firmen, die Kalmuck produzieren. Bei hatten keinen roten Hubert mehr. Dann fragte ich bei Firma Tostmann an. Die hatten genau noch 7 m. Die musste ich sofort haben.

Ich wurde hungrig auf mehr. Ich wusste, dass die Firma Anderl in Schrems von ca. 1920 – 2003 Kamuck produziert hatte. Dort recherchierte ich weiter und fand noch mehr alte Farbstellungen, die nicht mehr produziert wurden. Ich kaufte alles, was noch im alten Lager auffindbar war. Dann durfte ich in das alte Musterzimmer. Ein heiliger Ort für eine Stofffabrik.

Voller Ehrfurcht begann ich zu kramen und fand einen unglaublichen Schatz: Über 30 verschiedene Kalmuck-Muster – farbenfroh, vielseitig und in Kombinationen, die ich bisher noch nie gesehen hatte. Ich bekniete den Stoffproduzenten, die Muster mitnehmen zu dürfen und weil er nicht mehr vorhatte, diesen alten Stoff nachzuproduzieren, gab er mir diesen Stoff-Schatz einfach mit.

Mit diesen Mustern machte ich mich auf die Suche nach einem Kalmuck-Produzenten. Um diese alten Stoffe wieder aufzulegen, brauchte es aber viel an Überzeugungsarbeit. Man könnte die monatlichen Anrufe beim Geschäftsführer der Tiroler Stoffproduktion schon fast als Telefonterror bezeichnen.

Bei meiner ersten Modenschau 2009 in Rossatz hatte sich der Geschäftsführer dieser Stoff-Firma inkognito eingeschleust. Er war begeistert von meinen Modellen, mittlerweile hatte ich ja begonnen, den Kalmuck nicht nur zu Kimonos sondern zu Kappen, Patchwork-Röcken, Taschen, Schals und vielem mehr zu verarbeiten. „Sag mir, welche Farbstellungen du gut findest, ich produziere dir alles, was du willst“, meinte er.

Geschafft! So kam die Farbe zurück in den Kalmuck und zum schwarz-braun-weißen Hubert haben sich rote, grüne und blaue Stoffe in vielen Kombinationen gesellt. Sie könnten Theo, Sophia, Georg, Elisabeth … heißen, so vielsietig sind sie. Nennen wir sie doch einfach so.